Alberts Vater war Teilhaber des Gas- und Elektrizitätsversorgungsunternehmens seines Bruders Jacob, und eines Tages nahm er Albert mit, um eine elektrische Beleuchtungsanlage zu besichtigen, die das Unternehmen installiert hatte. Der Kunde, Frederick Thomas, besaß eine lokale Brauerei, Munich Brau, aber der Grund, warum Hermann Albert mitgeschleppt hatte, war, dass Thomas einen Sohn, Johann, hatte, der in Alberts Alter war. Beide Jungen würden bald in die erste Klasse gehen, und Hermann dachte, es wäre gut für den schüchternen Albert, wenigstens einen Jungen in seiner Klasse zu kennen. Albert wollte nicht mit seinem Vater gehen; er zog die vertrauten Abläufe zu Hause vor. Wenn er sich an neuen Orten aufhielt, schottete er sich innerlich ab. Als die Jungen vorgestellt wurden, starrte Albert nur auf den Boden und zog sich in seine eigene Welt zurück. Er dachte, dass Jungen in seinem Alter langweilig seien. Er wollte allein sein.
Hermann zwang ein Lächeln auf seine Lippen. Er griff nach unten und rüttelte an Alberts Schulter. “Komm, Albert, Johann will dir die neuen Lichter in der Scheune zeigen.” Albert wusste, dass sein Papa es nicht gutheißen würde, wenn er nicht auf seinen Vorschlag einging, und so schlurfte er widerwillig und mit gesenktem Blick zu Johann hinüber und wünschte sich, er könnte entkommen. Unbeeindruckt von Alberts Schüchternheit ermutigte Johann ihn mit einem breiten Grinsen: “Warte, bis du die Lichter siehst! Komm, wir machen ein Wettrennen zur Scheune.” Brüllend stürmte Johann aus der Küchentür und rannte zur Scheune. Albert verdrehte die Augen. Er schlenderte über den Hof. Ungeduldig wippte Johann auf den Zehenspitzen, während er neben dem Scheunentor auf seinen Gast wartete. Als Albert endlich kam, riss Johann das Scheunentor auf. Er rannte hinein, sprang auf eine Holzkiste und griff nach einem Schalter an der Wand. “Es ist erstaunlich zu sehen”, sagte er, als er den Schalter umlegte. Im Nu erhellte Glühlampenlicht die geräumige Scheune. Der Geruch von frischem Heu und Sattelseife drang in Alberts Nase. Er bemerkte hölzerne Bierfässer, gestapelte Heuballen und die Pferdekutschen. Unbeeindruckt von der Beleuchtung zeigte Albert auf die Glühbirne und ging in den Vortragsmodus über. “Wenn elektrischer Strom durch einen Draht fließt, erwärmt sich der Draht. Der Draht wird so heiß, dass er leuchtet und Licht abgibt.
Johann sah Albert überrascht an, seine blauen Augen tanzten vor Erstaunen. Verzückt konnte er nicht glauben, was er da hörte. “Woher weißt du das?” Dieser Junge ist tatsächlich daran interessiert? dachte Albert bei sich. Albert entspannte sich ein wenig und begann zu erklären, ermutigt, dass er Johann beeindruckt zu haben schien. “Papa nimmt mich mit zur Arbeit. Er bringt mir etwas über Elektrizität bei. Er und mein Onkel wollen, dass ich das Beleuchtungsgeschäft lerne und bei ihnen in die Lehre gehe.” “Kein Scherz?” fragte Johann mit offensichtlichem Interesse. “Ist es das, was du tun willst?” Albert zuckte mit den Schultern. “Ich weiß es nicht. Ich denke, es könnte in Ordnung sein.” Johann nickte und wurde nachdenklich: “Ich weiß, was du meinst. Mein Papa hat vor, dass meine Brüder und ich die Brauerei übernehmen sollen. Aber ich weiß nicht, ob ich das auch will.” Ein weiteres Lächeln erhellte Johanns Gesicht. “Hey, ich weiß. Ich werde ein großer Brauer und du kannst alle meine Brauereien elektrifizieren!” Albert musste lächeln. Johanns Freundlichkeit und Begeisterung waren ansteckend. Ohne Vorwarnung leuchtete im Kopf des Elektrofachmanns eine Glühbirne auf. “Moment mal”, sagte Albert und zerrte an einer Kette um seinen Hals, um etwas aus seinem Leinenhemd zu ziehen. “Willst du etwas wirklich Interessantes sehen?” “Interessanter als elektrisches Licht? Und ob!” Johann nickte eifrig.
Als Albert einen Messinggegenstand an einer Silberkette baumeln ließ, wurden Johanns Augen groß. “Wow, was ist das?” “Es ist ein Kompass. Mein Vater hat ihn mir geschenkt. Hast du schon einmal einen gesehen?” Kopfschüttelnd führte Johann Albert zu einem Heuballen und die beiden Jungen setzten sich. “Das habe ich nicht”, sagte Johann, fasziniert von dem fantastischen Gerät. “Was macht es denn?” Albert hielt ihm den glänzenden Messingkompass mit den zwölf funkelnden Edelsteinen hin. Damit Johann ihn besser sehen konnte, öffnete er den Deckel und drehte den Kompass. “Siehst du, wie die Nadel immer nach Norden zeigt, egal wie ich das Gehäuse bewege?” Seine hellen braunen Augen funkelten, als das Geheimnis des Unbekannten seine Seele gefangen nahm. “Eines Tages werde ich verstehen, warum das so ist.” Johanns blaue Augen wurden noch größer. Er hatte nicht nur noch nie einen Kompass gesehen, sondern auch noch nie etwas Vergleichbares. Mitten an diesem fantastischen Tag hielt Johann in Gedanken inne. Er hatte zwei ältere Brüder, Francis und Daniel, die in der Brauerei arbeiteten, aber sie redeten nie so wie Albert. Sein Vater, Friedrich, ein Lutheraner, sagte, die Einsteins seien Juden. Vielleicht war das der Grund, warum er so viel wusste. Albert gab sich dem Augenblick hin. Er fasste Vertrauen zu seinem einnehmenden und freundlichen Begleiter und erlaubte Johann, seinen geliebten Preis zu halten. Johann öffnete und schloss die Schließe. “He, komm schon!”, sagte Johann und sprang auf. Die Augen auf den Kompass geheftet, marschierten die beiden Jungen um die Scheune und beobachteten die Nadel. Zufrieden mit ihrer ersten Parade kehrten sie zu ihren Sitzen auf dem Heuballen zurück und Johann gab den Kompass zurück. Albert schloss die Augen und drückte sein kostbares Geschenk an seine Brust. “Oh, ich liebe meinen Kompass und ich liebe meinen Papa, der ihn mir geschenkt hat.” Der Kompass kribbelte an Alberts Brust. Aus dem Inneren des Kompasses schoss ein Lichtschimmer hervor, der etwa zehn Zentimeter weit um Alberts Hand herum strahlte. Albert spürte die unerwartete Wärme und öffnete die Augen, um einen Regenbogen zu sehen, der von den Edelsteinen ausging. Über dem Kompass schwebte eine dreidimensionale Zahl “33”. Johann staunte nicht schlecht und rief: “Sieh dir das an!” Albert riss überrascht die Hände hoch und ließ den Kompass auf den Strohboden fallen. Die Jungen saßen eine gefühlte Ewigkeit wie gebannt da. Hinter ihnen öffnete sich das Scheunentor, und Papa Hermann rief in die Scheune. “Albert, verabschiede dich von Johann, deine Mama wartet mit dem Abendessen.” Albert schnappte sich das verzauberte Instrument und schaute seinen neuen Freund ernsthaft an. “Johann, du darfst nie jemandem erzählen, was heute passiert ist. Versprichst du das?” Sprachlos nickte Johann zustimmend.
Durch ein besonderes Geheimnis verbunden, ahnte keiner der beiden Jungen, welche Schlüsselrolle der Kompass in dem Abenteuer ihres Lebens spielen würde.
Click Follow to receive emails when this author adds content on Bublish
Comment on this Bubble
Your comment and a link to this bubble will also appear in your Facebook feed.